Eine Milliarde Menschen auf der ganzen Welt leiden unter einem Vitamin-D-Mangel. Genug von dem wichtigen Vitamin können wir nur mit ausreichend Sonnenbaden aufnehmen – oder der richtigen Menge an Präparaten.
Vitamin D spielt Studien zufolge in zahlreichen Prozessen im Körper eine Rolle. Es beeinflusst nachgewiesenermaßen die Knochen und Zähne, die Muskulatur, das Immunsystem, die Blutgefäße und vieles mehr. Das führte auch dazu, dass Vitamin D in den letzten Jahren nicht nur in der Wissenschaft ein großes Thema war, sondern auch in Magazinen, Fernsehsendungen und den sozialen Medien.
Trotz der Bekanntheit von Vitamin D schaffen es die wenigsten, genug davon aufzunehmen. Schätzungen zufolge sind eine Milliarde Menschen auf der Welt nicht ausreichend mit dem Sonnenvitamin versorgt – in Deutschland sind es laut Robert Koch Institut mehr als 60 Prozent der Bevölkerung [1].
Erfahren Sie in diesem Artikel, was Sie mit Tests, Sonnenbädern und Präparaten tun können, um optimal mit Vitamin D versorgt zu sein und was Ihr Körper mit dem Sonnenvitamin alles anstellt. Wir erklären, wodurch sich ein Vitamin-D-Mangel oder eine Überdosierung äußern und mit welchen Krankheiten ein Vitamin-D-Mangel in Verbindung gebracht wird.
Vitamin-D-Mangel im Überblick
- Weltweit sind rund eine Milliarde Menschen nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt. Als Risikogruppen gelten ältere Menschen, Schwangere, Menschen mit dunklerem Hauttyp und Menschen, die sich kaum im Freien aufhalten oder im Freien den Großteil ihres Körpers bedecken.
- Ein Vitamin-D-Mangel kann sich vor allem negativ auf die Gesundheit der Knochen auswirken und Osteomalazie und Osteoporose begünstigen.
- Weitere Beschwerden und Erkrankungen, die mit einem Mangel in Verbindung gebracht werden, sind ständige Müdigkeit, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Haarausfall, Hautkrankheiten und Migräne.
- Wer einen Vitamin-D-Mangel hat, kann nur schwer mit Ernährung und Sonnenbaden gegensteuern, vor allem im Herbst und Winter.
- Besser funktionieren Nahrungsergänzungsmittel. Empfohlen wird eine tägliche Dosis von 1.000 bis 4.000 Internationalen Einheiten (IE), um den Spiegel zu halten. Um eine Mangelversorgung zu korrigieren, können höhere Dosen sinnvoll sein.
Ursachen: Was passiert bei Vitamin D-Mangel?
Vitamin D ist ein fettlösliches Vitamin – Fachleute bezeichnen es aber auch als Hormon, da es hormonähnlich wirkt und wir es nicht hauptsächlich über die Nahrung zuführen, wie das sonst bei Vitaminen üblich ist. Vielmehr produziert unser Körper das Vitamin D selbst, benötigt dazu aber die UV-Strahlung der Sonne [2].
Heutzutage sind sehr viele Menschen nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt, vor allem in nördlicheren Breitengraden. Nach einem Bericht des Robert Koch-Instituts sind mehr als 60 Prozent der Bevölkerung nicht ausreichend versorgt. Sie erreichen nicht den Wert von 20 Nanogramm pro Milliliter Blut, der als empfehlenswert gilt, um dauerhaft die Knochengesundheit zu sichern. 30 Prozent der Deutschen haben dem Bericht zufolge einen Vitamin-D-Mangel [1].
Sonneneinstrahlung und Vitamin D
Die unzureichende Versorgung hängt mit der Art und Weise zusammen, wie wir Vitamin D produzieren – und wie wir heute leben. Vitamin D wird nicht umsonst Sonnenvitamin genannt. Unser Körper braucht für seine Produktion das Licht der Sonne, genauer gesagt UVB-Strahlen.
Nur mit der Strahlung entsteht auf der Haut aus einer Vitamin-Vorstufe das Vitamin D3. Das in der Haut gebildete Vitamin D3 wandert dann über das Blut in Niere und Leber. Dort wird es zur aktiven Form von Vitamin D, die überall im Körper wirken kann [6].
Das Problem dabei: In Deutschland ist die Sonneneinstrahlung in den Wintermonaten so schwach, das kaum Vitamin D gebildet werden kann. Im Sommer halten wir uns wiederum viel in geschlossenen Räumen auf und tanken nicht genug Vitamin D, um die Speicher für den Winter zu füllen.
Generell halten wir uns heute zu wenig in der Sonne auf. Während unsere Vorfahren für den allergrößten Teil der Menschheitsgeschichte im Freien waren, verbringen wir die meiste Zeit in geschlossenen Räumen. Dazu kommt, dass wir unseren Körper mit Kleidung bedecken und uns mit Sonnencreme schützen. All das lässt weniger UVB-Strahlen auf die Haut kommen – und die braucht unser Körper, um Vitamin D zu produzieren [12].
Gut zu wissen: Das Auftragen einer Sonnencreme mit einem Lichtschutzfaktor von 30 reduziert die Vitamin-D-Synthese in der Haut um mehr als 95 Prozent [13].
Es gibt übrigens einige weitere Faktoren, die unsere körpereigene Vitamin-D-Produktion stören können [2]:
- Erkrankungen, die die Fettverdauung und -aufnahme beeinträchtigten, wie Zöliakie, ein Mangel an Gallensäure oder Pankreasinsuffizienz.
- bestimmte Medikamente wie Antihypertonika, Antiestrogene, Zytostatika, Antiepileptika und Phytopharmaka.
Risikogruppen: Wer ist von Vitamin-D-Mangel betroffen?
Grundsätzlich tritt ein Vitamin-D-Mangel in allen Altersklassen und gesellschaftlichen Gruppen auf und in so unterschiedlichen Regionen wie Europa, Südamerika und dem Nahen Osten. Es gibt aber bestimmte Risikogruppen, die besonders gefährdet sind. Gehören Sie zu einer dieser Gruppe, empfiehlt es sich, Ihren Vitamin-D-Wert regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls Supplemente einzunehmen.
Zu den Risikogruppen gehören [5]:
- Personen, die sich vorwiegend in geschlossenen Räumen und kaum oder gar nicht im Freien aufhalten oder die ihren Körper im Freien verhüllen
- Schwangere, da sie einen höheren Bedarf haben
- Personen mit einem dunklen Hauttyp, da sie bei gleicher UV-Strahlung weniger Vitamin D bilden können als Menschen mit heller Haut
- ältere Menschen, da die Vitamin-D-Bildung im Alter deutlich abnimmt und sie sich oft aus Mobilitätsgründen weniger im Freien aufhalten
- Säuglinge, da der Vitamin-D-Gehalt der Muttermilch gering ist und Säuglinge grundsätzlich nicht der direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt werden sollen
Vitamin-D-Mangel im Alter
In der Altersklasse ab 60 Jahren ist ein Vitamin-D-Mangel besonders häufig. Grund dafür ist nicht, dass ältere Menschen seltener in die Sonne gehen – ihr Körper produziert bis zu viermal weniger hauteigenes Vitamin D als der jüngerer Menschen. Sind Sie über 60, empfiehlt es sich, Ihre Vitamin-D-Werte regelmäßig zu überprüfen und einen Mangel gegebenenfalls mit Supplementen auszugleichen [14]–[16].
Das ist gerade deswegen sinnvoll, weil Vitamin D bei Problemen helfen kann, die vor allem im höheren Alter auftreten können. Studien bestätigen unter anderem folgende positive Wirkungen [17]–[19]:
- das Vorbeugung von Knochenbrüchen
- die Herz-Kreislauf-Gesundheit
- das Krebsrisiko, wie Dickdarmkrebs
- den Gleichgewichtssinn
- die Muskelkraft im Alter
Symptome eines Vitamin-D-Mangels
Ein Vitamin-D-Mangel zeigt sich selten durch eindeutige Vitaminmangel-Symptome. Die Beschwerden sind häufig unspezifisch und schleichend, zu ihnen gehören:
- Müdigkeit
- Muskelschwäche
- Muskel-Skelett- und Knochenschmerzen
- Kopfschmerzen und Migräne.
- Häufige Infekte
Da die Beschwerden so uneindeutig sein können, bemerken viele Menschen eine Unterversorgung nicht nicht, bis sich daraus ein ernsthafter Mangel und sogar Krankheiten entwickeln.
Wer dauerhaft einen schwerwiegenden Vitamin-D-Mangel hat, für den erhöht sich Untersuchungen zufolge das Risiko für [12]:
- Osteomalazie und Osteoporose
- Rachitis bei Kindern
- Schmerzen und Schwäche der Knochen (Osteoarthritis)
- Bei über 65-Jährigen Frakturen (Knochenbrüche)
Zudem verbinden neuste Studienergebnisse einen Vitamin-D-Mangel mit einer Reihe von Erkrankungen. Die Krankheiten treten oft gemeinsam mit dem Mangel auf, Forscher*innen untersuchen noch, welche Zusammenhänge dabei genau bestehen [20]:
- Bluthochdruck und Herzleiden
- Diabetes mellitus
- Depressionen
- schwerwiegende Infektionen wie Tuberkulose, chronisches Nierenleiden
- Haarausfall
Diese vermuteten Zusammenhänge zwischen Vitamin-D-Mangel und Krankheiten erklären wir weiter unten im Artikel noch genauer.
In unserem Gesundheitsportal finden Sie außerdem noch detailliertere Informationen über die Symptome eines Vitamin-D-Mangels.
Vitamin D und Zahngesundheit
Vitamin D stärkt nicht nur die Knochen, sondern auch die Zähne. Das Sonnenvitamin fördert den Einbau von Calcium in die Zähne und hält sie so stabil.
Wird durch einen Vitamin-D-Mangel zu wenig Calcium in die Zähne eingebaut, kann das die Zahngesundheit nachweislich negativ beeinflussen. Bei Betroffenen könnte die Zahnmineralisierung gestört werden, was wiederum die Zahnschmelzbildung beeinflusst. Dadurch steigt das Risiko für Karies und Zahnfleischentzündungen. Fachleute empfehlen daher, bei Zahnproblemen auch den Vitamin-D-Spiegel zu untersuchen und gegebenenfalls zu optimieren [3].
Vitamin-D-Spiegel testen und behandeln
Viele Faktoren spielen in die Versorgung mit Vitamin D hinein. Ohne einen Test ist es deswegen schwierig zu sagen, wie Sie Ihre Versorgung am besten optimieren können. Um herauszufinden, ob und wie sie Vitamin D supplementieren sollten, lohnt sich ein Vitamin D Test – vor allem, wenn sie zu den Risikogruppen gehören.
Die gängigsten Messungen sind Bluttests, die Sie unter anderem durch Ärzt*innen oder Therapeut*innen durchführen lassen können. Als aussagekräftigster Messwert gilt die Konzentration des 25-(OH)-D. Diese Speicherform von Vitamin D lässt eine Aussage darüber zu, wie gut Sie in den letzten drei bis vier Monaten mit dem Sonnenvitamin versorgt waren. Andere Messungen, etwa die des Vitamin D3, sind eher Momentaufnahmen, die starken Schwankungen unterliegen.
Vitamin-D-Mangel und Krankheiten
Schätzungen zufolge sind weltweit etwa eine Milliarde Menschen von einem Vitamin-D-Mangel betroffen [21], [22].
In den letzten Jahren haben sich Wissenschaftler*innen ausgiebig damit beschäftigt, wie der Vitamin-D-Spiegel sich auf die Gesundheit auswirkt. Studien brachten einen Vitamin-D-Mangel mit chronischen Erkrankungen in Verbindung, etwa mit Demenz, Osteoporose, Diabetes mellitus, Krebs, Depression, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Immunfehlfunktionen.
Wir stellen Ihnen eine Reihe von Studien vor, die Zusammenhänge zwischen Vitamin D und verschiedenen Erkrankungen und gesundheitlichen Problemen aufzeigen.
Vitamin D und (Alzheimer-)Demenz
Es gibt einige Studien, in denen Wissenschaftler*innen einen Vitamin-D-Mangel bei älteren Menschen mit einem höheren Risiko für die Alzheimer-Demenz in Verbindung gebracht haben. Der Zusammenhang zeigte sich vor allem bei einem starken Vitamin-D-Mangel mit Blutwerten unter 10 Nanogramm pro Milliliter. Bislang ist aber noch nicht klar, welchen Effekt es hat, wenn Betroffene langfristig Vitamin-D-Präparate einnehmen [23]-[26].
Die Autor*innen einer Studienanalyse aus dem Jahr 2019 betonen aber, dass die Ergebnisse noch mit Vorsicht zu genießen sind. Denn bisherige Studien seien immer sehr uneinheitlich durchgeführt worden und es gibt noch keine Daten dazu, welchen Effekt Vitamin-D-Präparate haben können [23].
Vitamin D, Depressionen und Psyche
Studien zeigen, dass ein Vitamin-D-Mangel sich auf die psychische Gesundheit auswirken kann. Unter anderem können sich Depressionen, Stress, Stimmungsschwankungen und Angstzustände durch einen Mangel verschlimmern [27], [28].
Vor allem mit dem Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel und Depressionen beschäftigten sich bereits einige Studien, auch speziell mit Winterdepressionen. Menschen mit einer Depression wiesen darin deutlich niedrigere Vitamin-D-Werte auf als gesunde Personen [29], [30]. Einige Studien legen nahe, dass Vitamin-D-Präparate bei Menschen mit Vitamin-D-Mangel depressive Symptome verbessern könnten – die Studienlage lässt aber noch keine konkreten Empfehlungen zu [31].
Vitamin D kann aufgrund seiner hormonähnlichen Wirkung wohl auch die Funktion des Gehirns unterstützen. Auf diese Weise hilft es unserem Gehirn, Entscheidungen zu treffen sowie Informationen zu verarbeiten und sie richtig abzuspeichern. Menschen mit Vitamin-D-Mangel schnitten in Untersuchungen bei Aufgaben schlechter ab, in denen es auf Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit ankam [30].
Vitamin D und Schlafqualität
2017 untersuchten iranische Wissenschaftler*innen den Einfluss von Vitamin D auf die Schlafqualität. 89 Teilnehmer mit Schlafstörungen im Alter von 20 bis 50 Jahren bekamen je ein Vitamin-D-Präparat oder ein Placebo. Das Ergebnis: Die Teilnehmer, die Vitamin D erhielten, hatten eine deutlich bessere Schlafqualität, eine verlängerte Schlafdauer und eine geringere Einschlafzeit im Vergleich zur Gruppe ohne Vitamin D-Präparat [32]. In einer anderen Studien hatten Menschen mit niedrigerem Vitamin-D-Spiegel eine schlechtere Schlafqualität [33].
Gut zu wissen: Laut einer Studie der Krankenkasse DAK ist fast die Hälfte der Erwerbstätigen (43 Prozent) bei der Arbeit regelmäßig müde. Etwa ein Drittel (31 Prozent) gab an, sich erschöpft zu fühlen. Im Vergleich zu 2010 würden heute fast doppelt so viele Erwerbstätige Schlafmittel nehmen [34].
Vitamin D und Haarausfall
Schon länger ist bekannt, dass sich Vitamine und Mineralstoffe auf das Haarwachstum auswirken. So wirken sich etwa Eisenmangel, eine Unterversorgung mit Biotin und Zinkmangel negativ auf die Gesundheit der Haarwurzeln aus [35]. Untersuchungen im Reagenzglas legen nahe, dass auch Vitamin D am aktiven Haarwuchs beteiligt sein könnte. Vitamin D fördert demnach die Produktion von Rezeptoren in den Haarwurzeln, über die das Wachstum angeregt wird. Im Moment gibt es noch keine aussagekräftigen klinischen Studien, die diese Theorie bestätigen [36].
Tipp: Lesen Sie in unserem Gesundheitsportal mehr über Haarausfall bei Frauen und Haarausfall bei Männern.
Vitamin D und Migräne
Migräne steht für heftige Kopfschmerzen, die immer wiederkehren. Expert*innen nehmen an, dass die Entwicklung von Migräneattacken mit Entzündungen in Nerven und Blutgefäßen zusammenhängt [37]. Derzeit untersuchen Forscher*innen, ob eine Vitamin-D-Supplementierung Entzündungsfaktoren hemmen kann, die an einer Entstehung von Migräne beteiligt sind. Dass Vitamin D entzündungshemmend wirken kann, wurde in anderen Studien bestätigt [38]–[40].
Zurzeit gibt es auf diesem Gebiet allerdings noch relativ wenige Studien und die Forschungsergebnisse sind uneinheitlich. Einige ergaben einen Zusammenhang zwischen Vitamin D und Migräne, in einer Untersuchung konnte etwa durch Vitamin-D-Einnahme die Häufigkeit der Kopfschmerzattacken verringert werden [41]. In anderen Studien wirkte sich Vitamin D nicht auf die Migräne aus.
Vitamin D und Hauterkrankungen
Vitamin D scheint auch eine Rolle in der Haut zu spielen. Offenbar trägt das Vitamin zur Wundheilung bei und dazu, dass sich die schützende Hautbarriere richtig entwickelt. Ein Vitamin-D-Mangel kann deswegen vermutlich zur Entstehung von Hauterkrankungen beitragen, zum Beispiel von Neurodermitis (atopisches Ekzem), Schuppenflechte (Psoriasis) und der Weißfleckenkrankheit (Vitiligo).
Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse in Bezug auf Vitamin-D-Präparate und Neurodermitis. Neurodermitis-Betroffene sind sehr anfällig für bakterielle Infektionen der Haut – in einer Studie litten Patient*innen mit einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel besonders häufig unter solchen Infektionen [42], [43]. Forscher*innen untersuchen derzeit auch, wie Vitamin-D-Präparate den Verlauf von Psoriasis (Schuppenflechte) und Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) positiv beeinflussen können [44].
Vitamin D und Herz-Kreislauferkrankungen
Vitamin D kann Wissenschaftler*innen zufolge die Herzmuskulatur stärken. Außerdem erfüllt Vitamin D wichtige Aufgaben im Calcium- und Phosphatstoffwechsel. Das Sonnenvitamin sorgt dafür, dass sich Calcium und Phosphat in die Knochen einlagern. Bei einem Vitamin-D-Mangel wird besonders Calcium nicht richtig eingelagert und setzt sich in den Blutgefäßen ab, was zu Verkalkungen führen kann [45].
Einige Forschende gehen davon aus, dass Vitamin-D-Mangel ein Risikofaktor für Erkrankungen der Blutgefäße, Herzmuskel-Problematiken und Bluthochdruck ist [46]. In einer Studie an über 40.000 Patient*innen litten Proband*innen mit einem Vitamin-D-Wert von weniger als 15 Nanogramm pro Milliliter häufiger unter Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten, Herzfehlern und Schlaganfällen als jene mit einem Vitamin-D-Spiegel von 30 Nanogramm pro Milliliter [47].
Aber nicht alle Studien kommen zu so klaren Ergebnissen. Eine im Januar 2024 erschienene Beobachtungsstudie an mehr als 300.000 Menschen konnte keinen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Vitamin-D-Präparaten und dem Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigen. Die Proband*innen nahmen dabei relativ geringe Dosen Vitamin D ein [54].
Vitamin D und Krebs
Vitamin D gilt vielen als Hoffnungsträger, wenn es darum geht, Krebserkrankungen vorzubeugen. Die Studienergebnisse dazu sind bislang allerdings uneindeutig. Einzelne Studien fanden Zusammenhänge, beispielsweise zwischen dem Vitamin-D-Spiegel und dem Risiko für Darmkrebs [48].
Aktuelle, groß angelegte Metastudien fanden wiederum keinen Einfluss einer Vitamin-D-Einnahme auf die Entstehung von Tumoren. Vielen Wissenschaftler*innen zufolge ist noch mehr Forschung nötig, um hier klare Aussagen treffen zu können. Derzeit laufen Studien, die sich mit dem Thema befassen und teilweise auch die Wirkung hochdosierter Vitamin-D-Präparate auf die Entstehung von Krebs untersuchen [49].
Ein Vitamin-D-Mangel erhöht das Sterberisiko: Die ESTHER-Studie, die knapp 9.600 Männer und Frauen in Deutschland untersuchte, brachte einen Vitamin-D-Mangel mit einer erhöhten Sterberate in Verbindung. Teilnehmer*innen mit einem niedrigen oder sehr niedrigen Vitamin-D-Spiegel hatten ein 1,2-fach erhöhtes Sterberisiko im Vergleich zu jenen mit ausreichender Vitamin-D-Versorgung. Bei Frauen war dieser Effekt noch deutlicher [50].
Vitamin D und COVID-19 / Long COVID
Bei Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind oder die unter Long COVID leiden, werden oft auffällig niedrige Vitamin-D-Werte festgestellt. Vermutlich liegt das unter anderem daran, dass die Infektion selbst dem Körper Vitamin D entzieht – einige Fachleute vermuten, dass es auch eine Rolle spielt, dass Betroffene oft wenig essen und kaum ans Tageslicht gehen.
Außerdem kann eine ausreichende Versorgung mit dem Sonnenvitamin womöglich den Verlauf von COVID-19 beeinflussen, vor allem bei älteren Menschen. Bei schwereren Fällen, die im Krankenhaus behandelt werden, behalten Ärzt*innen deswegen mittlerweile häufig auch den Vitamin-D-Spiegel im Blick.
Die Frage, die viele Wissenschaflter*innen immer noch beschäftigt, ist: Trägt es zur Prävention oder Behandlung von COVID-19 oder Long COVID, wenn ein Vitamin-D-Mangel vermieden oder ausgeglichen wird? Bislang lässt sich die Frage aufgrund der Studienlage noch nicht eindeutig beantworten, es gibt aber einige Hinweise. Zum Beispiel scheint ein Mangel nach COVID-19 ein möglicher Risikofaktor für Long COVID zu sein.
Bei Menschen, die bereits genug Vitamin D haben, haben Vitamin-D-Präparate vermutlich keinen Nutzen für die COVID-Prävention [51-53].
Vitamin-D-Spiegel testen und behandeln
Viele Faktoren spielen in die Versorgung mit Vitamin D hinein. Ohne einen Test ist es deswegen schwierig zu sagen, wie Sie Ihre Versorgung am besten optimieren können. Um herauszufinden, ob und wie sie Vitamin D supplementieren sollten, lohnt sich ein Vitamin D Test – vor allem, wenn sie zu den Risikogruppen gehören.
Die gängigsten Messungen sind Bluttests, die Sie unter anderem durch Ärzt*innen oder Therapeut*innen durchführen lassen können. Als aussagekräftigster Messwert gilt die Konzentration des 25-(OH)-D. Diese Speicherform von Vitamin D lässt eine Aussage darüber zu, wie gut Sie in den letzten drei bis vier Monaten mit dem Sonnenvitamin versorgt waren.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, bei mangelnder Sonneneinstrahlung, also in der Regel zwischen Oktober und Februar, einen Wert von 20 Mikrogramm pro Tag einzunehmen, das entspricht 800 internationalen Einheiten (IE) [7].
Mangel mit Vitamin-D-Präparate behandeln
Einige Studien legen nahe, dass dieser Wert der DGE zu niedrig gegriffen ist. Ein Bericht im Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism betont, dass Erwachsene im Alter von 19 bis 50 Jahren mindestens 600 IE Vitamin D am Tag benötigen, um Knochengesundheit und Muskelfunktion aufrechtzuerhalten. Um dauerhaft genug Vitamin D im Blut zu haben, sei es allerdings ratsam, über Nahrungsergänzungsmittel 1.500 - 2.000 IE pro Tag zu sich zu nehmen. Besteht bereits ein Mangel, so die Forscher*innen, könnten Erwachsene ihre Vitamin-D-Versorgung für einen kurzen, festgelegten Zeitraum mit Mengen von bis zu 10.000 IE täglich korrigieren [8].
Kann ich Vitamin D überdosieren? Ja! Daher sollten Sie keine Vitamin-D-Präparate einnehmen, ohne vorher einen Bluttest gemacht zu haben. Im Gegensatz zu anderen Vitaminen kann Vitamin D nicht über den Urin ausgeschieden werden. Sind Sie bereits ausreichend versorgt und nehmen dennoch langfristig hochdosierte Supplemente ein, kann es zu einer Überdosierung kommen. Das kann mit Übelkeit, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen und Bewusstseinsstörungen einhergehen und auf lange Sicht zu Gewichtsverlust, Nierensteinbildung und Organschäden führen [2], [6].
Vitamin D und Vitamin K
Vitamin K wird eine ähnliche schützende Wirkung zugeschrieben wie Vitamin D. Es soll vor allem zur Prävention und Behandlung von Knochen- und Gefäßerkrankungen dienen. In der Natur kommt Vitamin K1 beispielsweise in grünem Gemüse vor, Vitamin K2 wird von Darmbakterien der Darmflora gebildet. Wie viel Vitamin K wir genau benötigen, ist bislang noch nicht erforscht [9].
Immer wieder ist zu lesen, dass es bei einer Vitamin-D-Einnahme zu einem Mangel an Vitamin K kommen könne, da beide Vitamine am Knochenaufbau beteiligt sind und sich dabei gegenseitig beeinflussen sollen. Diese Theorie ist aber nicht wissenschaftlich belegt. Medizinische Expert*innen empfehlen eine gemeinsame Einnahme von Vitamin D und Vitamin K derzeit nur als begleitende Therapiemaßnahme, um gezielt Osteoporose zu behandeln und Knochenbrüchen bei älteren Menschen vorzubeugen [9]–[11].
Achtung: Menschen, die blutverdünnende Medikamente einnehmen, sollten auf jeden Fall mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin sprechen, bevor sie Präparate mit Vitamin K einnehmen. Das Vitamin kann in Kombination mit bestimmten Medikamenten Blutgerinnsel verursachen.
Quellen
[1] Robert Koch-Institut, „Vitamin-D-Status von Erwachsenen in Deutschland“, 2016, doi: 10.17886/rki-gbe-2016-036.
[2] H.-K. Biesalski, P. Grimm, und S. Nowitzki-Grimm, Taschenatlas Ernährung, 7., Unveränderte Auflage. Stuttgart New York: Georg Thieme Verlag, 2017.
[3] J. Botelho, V. Machado, L. Proença, A. S. Delgado, und J. J. Mendes, „Vitamin D Deficiency and Oral Health: A Comprehensive Review“, Nutrients, Bd. 12, Nr. 5, S. 1471, Mai 2020, doi: 10.3390/nu12051471.
[4] J. S. Adams und M. Hewison, „Update in Vitamin D“, None, Bd. 95, Nr. 2, S. 471–478, Feb. 2010, doi: 10.1210/jc.2009-1773.
[5] Bundesinstitut für Risikobewertung, „Ausgewählte Fragen und Antworten zu Vitamin D“. https://www.bfr.bund.de/de/ausgewaehlte_fragen_und_antworten_zu_vitamin_d-131898.html (zugegriffen Sep. 13, 2019).
[6] A. Schek, Ernährungslehre kompakt: Kompendium der Ernährungslehre für Studierende der Ernährungswissenschaft, 5. aktualisierte und Erweiterte Auflage. Sulzbach im Taunus: Umschau Zeitschriftenverlag, 2013.
[7] Deutsche Gesellschaft für Ernährung, „Vitamin D“. https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/ (zugegriffen Sep. 13, 2019).
[8] M. F. Holick u. a., „Evaluation, treatment, and prevention of vitamin D deficiency: an Endocrine Society clinical practice guideline“, J. Clin. Endocrinol. Metab., Bd. 96, Nr. 7, S. 1911–1930, Juli 2011, doi: 10.1210/jc.2011-0385.
[9] M. Juanola-Falgarona und et al., „Dietary intake of vitamin K is inversely associated with mortality risk“, J. Nutr., Bd. 144, Nr. 5, S. 743–750, Mai 2014, doi: 10.3945/jn.113.187740.
[10] M. Stevenson, M. Lloyd-Jones, und D. Papaioannou, „Vitamin K to prevent fractures in older women: systematic review and economic evaluation“, Health Technol Assess, Bd. 13, Nr. 45, S. iii–xi, 1–134, Sep. 2009, doi: 10.3310/hta13450.
[11] S. Cockayne, J. Adamson, S. Lanham-New, M. J. Shearer, S. Gilbody, und D. J. Torgerson, „Vitamin K and the Prevention of Fractures: Systematic Review and Meta-analysis of Randomized Controlled Trials“, Arch Intern Med, Bd. 166, Nr. 12, S. 1256–1261, Juni 2006, doi: 10.1001/archinte.166.12.1256.
[12] M. F. Holick, „Deficiency of sunlight and vitamin D“, BMJ, Bd. 336, Nr. 7657, S. 1318–1319, Juni 2008, doi: 10.1136/bmj.39581.411424.80.
[13] L. Y. Matsuoka, L. Ide, J. Wortsman, J. A. Maclaughlin, und M. F. Holick, „Sunscreens Suppress Cutaneous Vitamin D3 Synthesis“, None, Bd. 64, Nr. 6, S. 1165–1168, Juni 1987, doi: 10.1210/jcem-64-6-1165.
[14] X. Feng u. a., „The vitamin D status and its effects on life quality among the elderly in Jinan, China“, Arch Gerontol Geriatr, Bd. 62, S. 26–29, Feb. 2016, doi: 10.1016/j.archger.2015.09.002.
[15] R. Conzade u. a., „Prevalence and Predictors of Subclinical Micronutrient Deficiency in German Older Adults: Results from the Population-Based KORA-Age Study“, Nutrients, Bd. 9, Nr. 12, Nov. 2017, doi: 10.3390/nu9121276.
[16] H. A. Bischoff-Ferrari, „Vitamin D : Im Alter ist die ‚normale‘ Versorgung nicht ausreichend“, Ars Medici, Nr. 14, S. 559–564, 2010, doi: info:doi/10.5167/uzh-46817.
[17] H. A. Bischoff-Ferrari u. a., „Prevention of Nonvertebral Fractures With Oral Vitamin D and Dose Dependency: A Meta-analysis of Randomized Controlled Trials“, Arch Intern Med, Bd. 169, Nr. 6, S. 551–561, März 2009, doi: 10.1001/archinternmed.2008.600.
[18] Wang Thomas J. u. a., „Vitamin D Deficiency and Risk of Cardiovascular Disease“, Circulation, Bd. 117, Nr. 4, S. 503–511, Jan. 2008, doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.107.706127.
[19] H. A. Bischoff-Ferrari, A. Shao, B. Dawson-Hughes, J. Hathcock, E. Giovannucci, und W. C. Willett, „Benefit-risk assessment of vitamin D supplementation“, Osteoporos Int, Bd. 21, Nr. 7, S. 1121–1132, Juli 2010, doi: 10.1007/s00198-009-1119-3.
[20] O. Sahota, „Understanding vitamin D deficiency“, Age Ageing, Bd. 43, Nr. 5, S. 589–591, Sep. 2014, doi: 10.1093/ageing/afu104.
[21] C. Annweiler, J.-C. Souberbielle, A.-M. Schott, L. de Decker, G. Berrut, und O. Beauchet, „Vitamin D in the elderly: 5 points to remember“, Geriatr Psychol Neuropsychiatr Vieil, Bd. 9, Nr. 3, S. 259–267, Sep. 2011, doi: 10.1684/pnv.2011.0288.
[22] M. F. Holick, „Vitamin D Deficiency“, New England Journal of Medicine, Bd. 357, Nr. 3, S. 266–281, Juli 2007, doi: 10.1056/NEJMra070553.
[23] Chai u. a., „Vitamin D deficiency as a risk factor for dementia and Alzheimer’s disease: an updated meta-analysis“, BMC Neurol, Bd. 19, Nr. 1, S. 284, Nov. 2019, doi: 10.1186/s12883-019-1500-6.
[24] T. Etgen, D. Sander, H. Bickel, K. Sander, und H. Förstl, „Vitamin D deficiency, cognitive impairment and dementia: a systematic review and meta-analysis“, Dement Geriatr Cogn Disord, Bd. 33, Nr. 5, S. 297–305, 2012, doi: 10.1159/000339702.
[25] C. Annweiler u. a., „Vitamin D and Ageing: Neurological Issues“, NPS, Bd. 62, Nr. 3, S. 139–150, 2010, doi: 10.1159/000318570.
[26] C. Annweiler u. a., „Vitamin D and cognitive performance in adults: a systematic review“, European Journal of Neurology, Bd. 16, Nr. 10, S. 1083–1089, 2009, doi: 10.1111/j.1468-1331.2009.02755.x.
[27] C. Waller u. a., „Blunted Cortisol Stress Response and Depression-Induced Hypocortisolism Is Related to Inflammation in Patients With CAD“, J. Am. Coll. Cardiol., Bd. 67, Nr. 9, S. 1124–1126, März 2016, doi: 10.1016/j.jacc.2015.12.031.
[28] R. E. S. Anglin, Z. Samaan, S. D. Walter, und S. D. McDonald, „Vitamin D deficiency and depression in adults: systematic review and meta-analysis“, The British Journal of Psychiatry, Bd. 202, Nr. 2, S. 100–107, Feb. 2013, doi: 10.1192/bjp.bp.111.106666.
[29] D. J. Armstrong, G. K. Meenagh, I. Bickle, A. S. H. Lee, E.-S. Curran, und M. B. Finch, „Vitamin D deficiency is associated with anxiety and depression in fibromyalgia“, Clin Rheumatol, Bd. 26, Nr. 4, S. 551–554, Apr. 2007, doi: 10.1007/s10067-006-0348-5.
[30] C. H. Wilkins, Y. I. Sheline, C. M. Roe, S. J. Birge, und J. C. Morris, „Vitamin D deficiency is associated with low mood and worse cognitive performance in older adults“, The American Journal of Geriatric Psychiatry, Bd. 14, Nr. 12, S. 1032–1040, 2006, doi: 10.1097/01.JGP.0000240986.74642.7c.
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