Parasitenbefall durch Barfußlaufen? Klingt gruselig, kann in bestimmten Gegenden tatsächlich passieren. Weltweit sind etwa 100 bis 370 Millionen Menschen mit dem Zwergfadenwurm infiziert. Allerdings wird die Wurmerkrankung auch häufig übersehen. Besonders verbreitet ist der Zwergfadenwurm in feuchten und warmen Klimazonen mit unzureichenden sanitären Anlagen und mangelnder Hygiene [1], [2]. Er kommt seltener in Europa vor, womit er hierzulande eher als Reisekrankheit gilt.
Woran Sie einen Wurmbefall feststellen, was Sie dagegen tun können und wie Sie ihn am besten vermeiden erfahren Sie in diesem Artikel.
Kurzübersicht
- Zwergfadenwürmer dringen über die Haut in den Körper ein. Seine vom Menschen ausgeschiedenen Larven können weitere Menschen befallen.
- Der Wurm löst die Autoinfektion Strongyloidiasis aus, die lange Zeit ohne Symptome verlaufen kann.
- Für immungeschwächte Menschen kann eine Infektion mit dem Zwergfadenwurm in seltenen Fällen gefährlich sein.
- Eine Infektion ist vermeidbar. Berühren Sie in besonders betroffenen Gebieten nicht den Boden mit nackter Haut und achten Sie auf Hygiene bei Toilettengängen.
Was sind Zwergfadenwürmer?
Es gibt verschiedene Fadenwürmer. Der Strongyloides stercoralis, auch Zwergfadenwurm genannt, zählt zu den Spülwürmern, einer Untergruppe der Fadenwürmer. Über 50 Strongyloides-Arten sind bekannt, doch nur einer unter ihnen kann den Menschen befallen [1].
Der Zwergfadenwurm ist etwa einen Millimeter groß und tritt über die Haut in den Menschen ein. Er kann sich mit etwa zehn Zentimetern pro Stunde durch den Körper bewegen. Das Weibchen legt bis zu 1.000 unbefruchtete Eier am Tag in die Dünndarmschleimhaut. [3] Der Wurm kann etwa fünf Jahre lang im Darm überleben [1].
Ein Teil der Wurmlarven wird mit dem Stuhl wieder ausgeschieden. Sie können etwa drei Wochen in feuchtem Boden überleben [3].
Der Zwergfadenwurm kann neben dem üblichen Weg von Erde zu nackter Haut auch bei einer Organtransplantation von einer infizierten Person zu einer anderen übertragen werden. Über die Wurmerkrankung wird, auch in stark betroffenen Regionen, wenig berichtet und medizinische Untersuchungen und ärztliche Betreuung sind oft unzureichend [1].
Gut zu wissen: Nicht nur der Mensch ist ein Wirt für den Zwergfadenwurm. Er kann auch Menschenaffen, Hunde und Katzen befallen [4].
Wo genau sind Zwergfadenwürmer verbreitet?
Zwergfadenwürmer treten weltweit auf, meistens in tropischen und subtropischen Gebieten. Als besonders betroffene Bereiche gelten die westliche Pazifikregion, Peru, Gabun sowie die ländlichen Regionen im Süden der USA. Die Infektionen gehen in der Regel auf schlechte sanitäre Einrichtungen und mangelnde Hygiene zurück.
Die Strongyloidiasis wird als „vernachlässigte Tropenkrankheit“ bezeichnet. Einige Wissenschaftler*innen lehnen diese Bezeichnung aber ab und schlagen vor, sie eher als eine „Krankheit der Benachteiligten“ zu sehen. Denn der Zwergfadenwurm befällt auch Menschen, die nicht typischerweise mit Tropenkrankheiten in Verbindung gebracht werden, wie in den USA. Ärzt*innen in nicht-tropischen Regionen übersehen die Infektion häufig.
Ob Menschen sich mit dem Wurm anstecken, hängt vermutlich mehr vom sozioökonomischen Stand einer bestimmten Region ab. In den USA etwa sind vor allem ärmere, ländliche und generell benachteiligte Bevölkerungsgruppen betroffen, unter anderem auch Geflüchtete, Kriegsveteranen und Einwanderer [1], [5], [2].
Was kann man gegen die Verbreitung des Wurms tun? Forschende sehen hier vor allem Regierungen und Gemeinden in der Pflicht. Sie fordern, die Umweltbedingungen in betroffenen Regionen anzugehen. Das kann zum Beispiel bedeuten, die hygienischen Bedingungen und die Entsorgung von Fäkalien und Abfällen zu verbessern [1], [2].
Wie unterscheiden sich Zwergfadenwürmer von anderen Würmern?
Der Zwergfadenwurm unterscheidet sich von anderen Fadenwürmern darin, dass er eine Autoinfektion auslösen kann. Das bedeutet, wer infiziert ist, wird immer wieder von ihm befallen – Betroffene stecken sich quasi wieder und wieder selbst an. Der Infektions-Kreislauf kann über Jahre fortlaufen. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist, dass der Zwergfadenwurm durch die Haut in den Körper gelangt. Mit den meisten anderen Wurmparasiten stecken sich Menschen über verunreinigte Lebensmittel oder Wasser an [1].
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Können Zwergfadenwürmer Erkrankungen auslösen?
Wer vom Zwergfadenwurm befallen ist, entwickelt in der Regel die Erkrankung Strongyloidiasis. Diese kann insbesondere bei immungeschwächten Betroffenen schwere Folgen haben. Da die Larven des Wurms die erkrankte Person wiederholt infizieren, können mit der Zeit noch weitere Erkrankungen auftreten. Bei vielen Menschen schützt das Immunsystem vor möglichen chronischen Erkrankungen, die der Zwergfadenwurm auslösen kann [1].
Autoinfektion
Nachdem der Wurm über die Haut in die Blutbahn gelangt, findet er seinen Weg bis in die Lunge. Über den Hals wird er verschluckt und befindet sich dann im Verdauungstrakt. Im Dünndarm werden Eier gelegt, in denen nach zwei Wochen Larven schlüpfen und sich fortbewegen. Diese Larven treten entweder durch die Darmwand wieder in den Blutkreislauf ein oder werden ausgeschieden. Sie können am After oder den Oberschenkeln auch wieder in die Haut eindringen [1].
Die ausgeschiedenen Larven entwickeln sich in der Erde zu infektiösen Larven und können dort mehrere Generationen überleben. Wer nun so eine Stelle mit nackter Haut berührt, infiziert sich.
Gefährlich wird es, wenn die Infektion sich zu einer disseminierten Strongyloidiasis und ein Hyperinfektionssyndrom entwickelt. Das Risiko besteht vor allem für Menschen, die immunsuppressive Medikamente oder Kortikosteroide (Kortison) einnehmen [6].
Disseminierte Strongyloidiasis
Die Erkrankung wird zur disseminierten Strongyloidiasis, wenn die Larven sich in mehreren Organen ausbreiten. Betroffene können eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute, einen Abszess im Gehirn oder Hepatitis entwickeln [7], [1].
Hyperinfektionssyndrom
Zu bakteriellen Infektionen wie etwa einer schweren Blutinfektion (Sepsis) oder einer Infektion der Bauchhöhle (Peritonitis) kann es im Rahmen von Komplikationen bei einer Strongyloidiasis-Hyperinfektion kommen. Häufig wird diese Form der Erkrankung zu spät diagnostiziert und führt zu einem Multiorganversagen oder einer Sepsis. Wer ein Hyperinfektionssyndrom hat, sollte ein Anthelminthikum (Wurmmittel) und zusätzlich ein Breitbandantibiotikum bekommen. Allerdings liegt die Sterblichkeitsrate bei Betroffenen des Hyperinfektionssyndroms bei 70 bis 100 Prozent – was es so wichtig macht, den Befall mit dem Zwergfadenwurm frühzeitig zu erkennen [1].
Betroffen sein können Menschen, die [6]:
- Eine beeinträchtigte zellvermittelte Immunität haben (Typ TH2)
- Kortison einnehmen
- Immunsuppressive Medikamente einnehmen
- Hämatopoetische Stammzellen erhalten
- mit dem humanen T-lymphotropen Virus 1 (HTLV-1) infiziert sind
- an Alkoholismus oder Unterernährung erkrankt sind
Gut zu wissen: Personen, die eine HIV-Erkrankung haben und von Strongyloidiasis betroffen sind, haben nicht zwangsläufig einen schweren Krankheitsverlauf. Ausschlaggebend für ein höheres Risiko ist in dem Fall, ob als Behandlung ein Medikament verwendet wird, dass das Immunsystem schwächt (Immunsuppression) [1].
Welche Symptome verursachen Zwergfadenwürmer?
Eine (chronische) Strongyloidiasis kann ohne Symptome verlaufen. In vielen Fällen haben Betroffene also gar keine Beschwerden oder entwickeln diese erst nach vielen Jahren. Die Infektion ist generell nur schwer an Symptomen zu erkennen, da die Beschwerden nicht zusammen auftreten müssen und auch auf andere Erkrankungen hinweisen können. Die Larven sind mit dem bloßen Auge nicht im Stuhl zu sehen.
Folgende Symptome können bei Zwergfadenwurm-Befall auftreten [1], [6]:
Akute Strongyloidiasis
- Afterjucken
- Bis zu drei Wochen lang juckender, rötlicher Hautausschlag an den Stellen, an denen die Würmer in den Körper eingedrungen sind, teils mit Ödemen
- Husten, Keuchen
- Loeffler-Syndrom (Lungenerkrankung) mit Kurzatmigkeit, pfeifende Atemgeräusche
- Bauchschmerzen und Durchfall, Magersucht
Chronische Strongyloidiasis
- Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Erbrechen, Anorexie
- Husten, Rasselgeräusch beim Atmen, Atemnot
- Haut: Urtikaria (Nesselausschlag), Larvenströme
Hyperinfektionssyndrom
- Fieber
- Sepsis
- Anzeichen von Endorganschädigungen (Bluthusten, gastrointestinale Blutungen, Darmverschluss, niedriger Natriumspiegel)
Wie sieht Strongyloidiasis-Ausschlag aus?
Der Hausausschlag wird auch als Larva currens, also laufende Larve, bezeichnet. Das kommt daher, dass die sich im Körper fortbewegende Larve bis zu 15 Zentimeter in der Stunde wandert und die Haut an der Stelle eine längliche erhabene, schlangenförmige, juckende Erhebung zeigen kann, die rosa ist [1]. Wenn sie durch die Lungen wandert, verursacht sie dort Blutungen.
Welche Untersuchungen erkennen den Zwergfadenwurm?
Wer oben genannte Symptome hat, eine Organtransplantation vornimmt oder sich in einem Gebiet aufhielt, in dem das Zwergfadenwurm-Vorkommen höher ist, sollte sich untersuchen lassen. Geeignet sind Stuhl- und Bluttests [6]. Ärzt*innen können eine Hyperinfektion zusätzlich über Untersuchungen von Körperflüssigkeiten und dem Gewebe sowie über ein Röntgenbild der Brust feststellen. In dem Stadium sind die Parasiten einfacher zu erkennen [1].
Wenn Sie Symptome haben und Ihr Stuhltest negativ ausgefallen ist, lassen Sie zusätzlich einen Bluttest durchführen oder wiederholen Sie den Stuhltest. Die Larven kommen unregelmäßig im Stuhl vor und werden nicht immer entdeckt. Bei Bluttests kann allerdings nicht festgestellt werden, ob eine Infektion aktiv ist oder sie länger zurückliegt. Außerdem ist es sehr unterschiedlich, welcher Test bei Betroffenen den Parasiten nachweisen kann. Es hängt von der Infektionsdauer und den Symptomen ab und davon, ob das Immunsystem der Betroffenen geschwächt ist [8].
Zwergfadenwurm-Infektion behandeln
Wer eine Strongyloidiasis entwickelt hat, erhält ein Anthelminthikum, also ein Medikament gegen Würmer. Meistens werden Ivermectin oder Albendazol verabreicht. Bevor diese Medikamente verschrieben werden, sollten Ärzt*innen aber überprüfen, ob gleichzeitig die Infektion Loa loa vorliegt. Betroffene, die beide Infektionen haben, reagieren oft stark auf Ivermectin und sollten Albendazol erhalten [6].
Im Anschluss an die Akutbehandlung sollten über ein bis zwei Jahre wiederholte Stuhlkontrollen stattfinden [1], [6].
Zwergfadenwurm-Infektion vorbeugen
Vermeiden Sie, in betroffenen Gebieten den Boden mit nackter Haut zu berühren. Tragen Sie Schuhe und setzen Sie sich nicht direkt auf den Boden – das gilt leider auch für den Strand in betroffenen Regionen. Achten Sie außerdem auf Hygiene bei Toilettengängen [6].
Quellen
[1] Andres L. Mora Carpio ; Marcelle Meseeha, „Strongyloides stercoralis-Infektion“, National Library of Medicine, 7. Februar 2023. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK436024/
[2] M. Beknazarova, H. Whiley, und K. Ross, „Strongyloidiasis: A Disease of Socioeconomic Disadvantage“, Int J Environ Res Public Health, Bd. 13, Nr. 5, S. 517, Mai 2016, doi: 10.3390/ijerph13050517.
[3] „Parasiten – Gefahr aus der Pfütze“. https://www.mpg.de/11977705/gefahr-aus-der-pfuetze (zugegriffen 25. August 2023).
[4] P. Mendez, B. Walsh, und E. A. Hallem, „Using newly optimized genetic tools to probe Strongyloides sensory behaviors“, Molecular and Biochemical Parasitology, Bd. 250, S. 111491, Juli 2022, doi: 10.1016/j.molbiopara.2022.111491.
[5] F. Schär u. a., „Strongyloides stercoralis: Global Distribution and Risk Factors“, PLoS Negl Trop Dis, Bd. 7, Nr. 7, S. e2288, Juli 2013, doi: 10.1371/journal.pntd.0002288.
[6] R. D. Pearson, „Strongyloidiasis - Infektionskrankheiten“, MSD Manual Profi-Ausgabe. https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/infektionskrankheiten/nematoden-rundw%C3%BCrmer/strongyloidiasis (zugegriffen 16. August 2023).
[7] Marie, Chelsea; Petri, Jr, William A., „Strongyloidose - Infektionen“, MSD Manual Ausgabe für Patienten. https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/infektionen/parasiteninfektionen-nematoden-fadenw%C3%BCrmer/strongyloidose (zugegriffen 25. August 2023).
[8] D. K. Ming u. a., „Clinical and Diagnostic Features of 413 Patients Treated for Imported Strongyloidiasis at the Hospital for Tropical Diseases, London“, Am J Trop Med Hyg, Bd. 101, Nr. 2, S. 428–431, Aug. 2019, doi: 10.4269/ajtmh.19-0087.