Das Hormon Cortisol verbinden die meisten mit Stress – ein hoher Cortisol-Wert ist tatsächlich ein Hinweis auf chronischen Stress. Allerdings kann ein erhöhter Cortisol-Spiegel auch mit bestimmten Krankheiten zusammenhängen, zum Beispiel dem Cushing-Syndrom, das manchmal durch die lebensbedrohliche Stoffwechselerkrankung Morbus Cushing ausgelöst wird. Zum Glück ist beides sehr selten. Das Cushing-Syndrom tritt bei etwa zwei Personen pro eine Million Einwohner*innen im Jahr auf [1] – bei Morbus Cushing sind es etwa eine bis fünf Personen unter einer Million Einwohner*innen [2].
Erfahren Sie in diesem Artikel, wann ein zu hoher Cortisol-Wert ein zusätzlicher Hinweis auf diese ernstzunehmende Erkrankung ist.
Kurzübersicht: Morbus Cushing (Cushing Syndrom)
- Das Cushing-Syndrom entsteht durch eine Überproduktion von Cortisol und ist sehr selten.
- Meistens verursachen Cortison-Medikamente die Erkrankung. In sehr seltenen Fällen liegt es an einer Hormonregulationsstörung oder einem Tumor. Dann spricht man von Morbus Cushing.
- Zu den Symptomen gehören Gewichtszunahme an Bauch und eine runde Gesichtsform, Dehnungsstreifen, Akne, dünne Haut und Verlust der Muskelkraft. Bei Frauen kann die Körperbehaarung zunehmen und die Menstruation ausbleiben.
- Das Cushing-Syndrom ist lebensgefährlich, wenn es nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird.
- Die Diagnose erfolgt mit Cortisol-Tests, Dexamethasontest, MRT und/oder CT.
- Löst ein Medikament die Erkrankung aus, wird es über einen langen Zeitraum reduziert und (wenn möglich) abgesetzt. Ein Tumor wird operativ entfernt und kann anschließend mit Strahlentherapie weiterbehandelt werden.
Was ist das Cushing-Syndrom? Und was ist Morbus Cushing?
Das Cushing-Syndrom entsteht durch eine Überproduktion von Cortisol (auch Hyperkortisolismus genannt). Meistens passiert das durch eine hohe Einnahme von Cortison-Medikamenten und wird damit von außen verursacht – in seltenen Fällen steckt eine Hormonregulationsstörung oder ein Tumor dahinter [3].
Was ist der Unterschied zwischen Morbus Cushing und dem Cushing-Syndrom? Morbus Cushing ist eine seltene Form des Cushing-Syndroms. Bei Morbus Cushing entsteht im Körper zu viel Adrenocorticotropes (ACTH). Dieses Hormon trägt dazu bei, dass die Nebennierenrinde Cortisol bildet. Deshalb ist der Cortisol-Wert bei Morbus Cushing so stark erhöht. Die häufigste Ursache für Morbus Cushing sind Tumore an der Hirnanhangdrüse [3].
Was steckt hinter den Bezeichnungen? „Morbus“ steht in der Medizin für „Krankheit“ [4]. „Cushing“ bezieht sich auf Harvey William Cushing (1869-1939). Er gilt als Begründer der modernen Neurochirurgie und entdeckte den Tumor, der die Erkrankung auslösen kann [5].
Symptome beim Cushing-Syndrom
Beim Cushing-Syndrom treten folgende Symptome auf [3]:
- Gewichtszunahme am Bauch, Hals und Gesicht (sogenanntes Mondgesicht); dabei bleiben Arme und Beine meist schlank
- Dehnungsstreifen, Blutergüsse und schlechte Wundheilung
- Hautveränderungen, wie Akne und dünnere Haut
- Verlust von Muskelkraft
- Depressionen, Ängste, Diabetes, Bluthochdruck und Osteoporose können entstehen
- Bei Frauen: zunehmende Körperbehaarung, unregelmäßige bis ausbleibende Menstruation
Wie fühlt man sich mit Cushing-Syndrom?
Neben den körperlichen Symptomen ist auch die psychische Belastung dieser Erkrankung nicht zu unterschätzen. Über die Hälfte der Betroffenen leidet an Depressionen und Angsterkrankungen – auch die Suizidgefahr ist erhöht. Dazu sind häufig das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit und die räumliche Wahrnehmung eingeschränkt. Schlafprobleme kommen hinzu [6]. Sobald depressive Verstimmungen oder Angstgefühle auftreten oder zunehmen, sollten Betroffene sich psychologische Unterstützung holen.
Keine Sorge! Das Cushing-Syndrom entsteht nicht einfach durch eine stressige Phase. Wenn Sie seit längerer Zeit dauerhaft gestresst sind, ist es in jedem Fall ratsam, die Ursachen zu erkennen, etwas für Ihre Entspannung zu tun und Ihre Ärzt*innen zu Rate zu ziehen. Lesen Sie in unserem Gesundheitsportal mehr zum Thema Stress.
Wie gefährlich ist das Cushing-Syndrom?
Das Cushing-Syndrom ist lebensgefährlich, wenn es nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird [7]. Handelt es sich um Morbus Cushing, ist die Wahrscheinlichkeit drei bis fünf Mal erhöht, daran zu sterben. Bleibt die Erkrankung unbehandelt über einen längeren Zeitraum bestehen, steigt sie um ein 10- bis 16-faches [8].
Außerdem kann es verschiedene weitere Erkrankungen auslösen, die es Ärzt*innen schwer machen, das Cushing-Syndrom zu erkennen. Dazu gehören Adipositas, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Dyslipidämie und Osteoporose. Sie verschwinden in den meisten Fällen nicht, selbst wenn das Cushing-Syndrom vollständig geheilt wurde. Je schneller das Cushing-Syndrom diagnostiziert und behandelt wird, desto wahrscheinlicher sind die Heilungschancen und desto geringer das Risiko von weiteren Begleiterkrankungen [8].
Diagnose des Cushing-Syndroms
Treten mehrere der zuvor genannten Symptome auf, kann ein Cortisol-Test einen weiteren deutlichen Hinweis auf die Erkrankung geben. Dieser wird über einen Speichel- oder Bluttest am späten Abend oder mit einer 24-Stunden-Messung bestimmt.
Alternativ wird oft der Dexamethasontest durchgeführt. Dabei nehmen Betroffene am Abend Dexamethason in Tablettenform ein, womit der Körper kaum noch Cortisol produzieren sollte. Ist der Wert am darauffolgenden Morgen zu hoch, ist es ein deutliches Zeichen für das Cushing-Syndrom [3].
Bei normalen und erhöhten Werten werden weitere Tests durchgeführt. Je nach Beschwerdebild wird der ACTH-Spiegel bestimmt oder auch ein MRT oder ein CT durchgeführt, um gegebenenfalls einen Tumor zu finden [9].
Therapie und Behandlungsmöglichkeiten bei Cushing
Wenn das Cushing-Syndrom durch ein cortisonhaltiges Medikament ausgelöst wurde, wird die Dosis in ärztlicher Begleitung langfristig reduziert oder sogar abgesetzt [10].
Steckt ein Hirntumor hinter der Erkrankung, kann dieser minimal-invasiv entfernt werden. Betroffene sollten sich für diese Operation an eine auf Hypophsenoperationen spezialisierte Neurochirurgie wenden [7]. Meistens wird der Tumor erfolgreich entfernt und die Cortisol-Produktion sinkt in kurzer Zeit auf den Normbereich [11].
Falls die Operation nicht ausreichend oder nicht möglich war, kann eine Strahlentherapie folgen. Mittlerweile gibt es auch mehrere Medikamente, die Betroffene sich am besten in spezialisierten Zentren verschreiben lassen.
Sollten diese Behandlungen nicht ausreichen, können die Nebennieren entfernt werden. So wird nicht mehr zu viel Cortisol produziert – allerdings ist damit eine lebenslange Hormonersatztherapie notwendig [7].
Cushing vorbeugen
Kann man etwas gegen die Entstehung von Cushing machen? Einem Morbus Cushing kann man nicht vorbeugen, da noch nicht geklärt ist, warum die Tumore sich bilden [11].
Bei einer langanhaltenden Einnahme von cortisonhaltigen Medikamenten können Sie allerdings auf erste Anzeichen achten, die auf das Cushing-Syndrom hinweisen und Ihre Cortisol-Werte prüfen. Falls Sie Veränderungen feststellen, sollten Sie schnellstmöglich Ihre Ärzt*innen aufsuchen.
Wissenswertes zu Cortisol
Wie merken Sie eigentlich, ob Ihr Cortisol erhöht ist? Ein erster Hinweis ist der dauerhafte Eindruck, gestresst, unruhig und angespannt zu sein. Damit können Konzentrations- und Schlafstörungen einhergehen. Ebenso sind Verdauungsprobleme, Zähneknirschen, Atemnot und Niedergeschlagenheit Anzeichen für einen hohen Stresslevel [12]. Sollten Sie diese Symptome bei sich bemerken, testen Sie Ihren Cortisol-Wert mit einer Speichel- oder Blutentnahme und halten Sie Rücksprache mit Ihren Ärzt*innen.
Je nach Ursache können Sie nun Verschiedenes unternehmen, um Ihr Cortisol zu senken. In den meisten Fällen sind erhöhte Werte mit Stress verbunden. Vielen helfen Entspannungstechniken. Mehr zum Thema lesen Sie in unserem Gesundheitsportal.
Übrigens: Ein sehr niedriger Cortisol-Spiegel kann ein Hinweis auf Morbus Addison sein. Im Gesundheitsportal erfahren Sie mehr über die seltene Krankheit.
Quellen
[1] E. J. Hammer, „Häufigkeit und klinische Differenzierung der Unterformen des endogenen Cushing-Syndroms“, 2021, doi: 10.17169/refubium-31781 (zugegriffen 23. Juni 2023).
[2] Netzwerk: Hypophysen und Nebennierenerkrankungen e.V., „Cushing-Syndrom“. https://www.glandula-online.de/erwachsene/cushing (zugegriffen 23. Juni 2023).
[3] Arlt, Wiebke; Fassnacht, Martin, „Cushing-Syndrom“, Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie. https://www.endokrinologie.net/cushing-syndrom.php (zugegriffen 26. Mai 2023).
[4] DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, „Morbus – Schreibung, Definition, Bedeutung, Beispiele“, DWDS. https://www.dwds.de/wb/Morbus (zugegriffen 30. Mai 2023).
[5] D. Ä. G. Ärzteblatt Redaktion Deutsches, „Berühmte Entdecker von Krankheiten: Harvey Cushing begründete die moderne Hirnchirurgie“, Deutsches Ärzteblatt, 6. August 2018. https://www.aerzteblatt.de/archiv/199326/Beruehmte-Entdecker-von-Krankheiten-Harvey-Cushing-begruendete-die-moderne-Hirnchirurgie (zugegriffen 26. Mai 2023).
[6] E. Ruchalla, „Cushing-Syndrom beeinträchtigt Psyche und Gedächtnis“, 30. Juni 2020. https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/cushing-syndrom-beeintraechtigt-psyche-und-gedaechtnis (zugegriffen 30. Mai 2023).
[7] Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, „Morbus Cushing – wenn Stresshormone krank machen“, 16. Mai 2023. https://www.endokrinologie.net/pressemitteilung/morbus-cushing-wenn-stresshormone-krank-machen.php (zugegriffen 23. Juni 2023).
[8] M. H. Schernthaner-Reiter und G. Vila, „Komorbiditäten bei Cushing-Syndrom – sind mit der Grunderkrankung auch die Folgeerkrankungen geheilt?“, Journal für Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel, 1. November 2020. https://link.springer.com/article/10.1007/s41969-020-00122-9 (zugegriffen 30. Mai 2023).
[9] A. B. Grossman, „Cushing-Syndrom - Endokrine und metabolische Krankheiten“, MSD Manual Profi-Ausgabe. https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/endokrine-und-metabolische-krankheiten/st%C3%B6rungen-der-nebenniere/cushing-syndrom (zugegriffen 26. Mai 2023).
[10] Chaudhry, Hammad S.; Singh, Gurdeep, „Cushing-Syndrom“, 1. Januar 2023. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK470218/ (zugegriffen 26. Mai 2023).
[11] MedLexi.de, „Morbus Cushing - Ursachen, Symptome & Behandlung | MedLexi.de“. https://medlexi.de/Morbus_Cushing (zugegriffen 31. Mai 2023).
[12] gesund.bund.de, „Wie sich Stress auf Körper und Psyche auswirkt“, 31. Januar 2022. https://gesund.bund.de/stress (zugegriffen 23. Juni 2023).