Morbus Addison ist einer der häufigsten Gründe dafür, dass es zu einer Schwäche der Nebennierenrinde kommt. Das Organ bildet wichtige Hormone, unter anderem das Stresshormon Cortisol. Ist die Nebennierenrinde durch die Addison-Krankheit geschwächt, bringt das den Hormonhaushalt im Körper durcheinander und kann einen Cortisolmangel verursachen. Besteht die Krankheit eine Weile, kann das zu einer charakteristischen bronzenen Verfärbung der Haut führen. Morbus Addison lässt sich nicht heilen, aber gut therapieren. Bleibt er unbehandelt, kann es zur lebensbedrohlichen Addison-Krise kommen.
Morbus Addison im Überblick
- Morbus Addison ist eine primäre Schwäche der Nebennierenrinde. In den meisten Fällen ist die Ursache eine Autoimmunreaktion: Körpereigene Zellen greifen die Nebennierenrinde an.
- Die Nebennierenrinde produziert wichtige Hormone. Ist ihre Funktion durch Morbus Addison eingeschränkt, entsteht unter anderem zu ein Cortisolmangel.
- Zu den Symptomen gehören eine Bronzeverfärbung der Haut, Heißhunger auf salzige Lebensmittel, Müdigkeit, Schwächegefühl, Muskel- und Gelenkschmerzen, Bauchschmerzen sowie Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit.
- Eine Addison-Krise ist ein schwerer Ausbruch von Morbus Addison, der lebensbedrohlich sein kann. Betroffene tragen für den Notfall meist ein Kit mit Medikamenten und eine Infokarte mit sich.
- Morbus Addison wird mit Medikamenten behandelt, die den Hormonhaushalt ausgleichen. Droht eine Addison-Krise, muss die Dosierung gegebenenfalls angepasst werden.
Was ist Morbus Addison?
Morbus Addison ist eine Schwäche der Nebennierenrinde. Die Krankheit sorgt also dafür, dass das Organ nicht mehr richtig arbeiten kann. Für eine solche Insuffizienz der Nebenniere kann es mehrere Gründe geben. Wenn sie nicht durch andere Krankheiten entsteht, sondern aus dem Organ selbst heraus, wird sie als primäre Nebennierenrindeninsuffizienz oder eben Morbus Addison bezeichnet.
Die Addison-Krankheit kann in allen Altersklassen auftreten, am häufigsten erkranken Frauen zwischen 30 und 50 Jahren. In der westlichen Welt sind rund einer bis zwei von 10.000 Menschen von Morbus Addison betroffen – damit ist die Krankheit recht selten [1], [2].
Etwas häufiger als Morbus Addison ist die sekundäre Nebennierenrindenschwäche, die durch äußere Einflüsse auf die Nebenniere ausgelöst wird. In der Regel wird dabei die Hypophyse, eine Drüse im Gehirn, geschädigt, was die Steuerung der Nebennieren-Hormone beeinflusst. Mögliche Ursachen sind Schlaganfälle, Kopfverletzungen, Hirntumore und auch die langfristige Einnahme von Glukokorticoiden, die häufig als Medikament gegen Entzündungen zum Einsatz kommen [3].
Was macht Morbus Addison mit Hormonen?
Die Addison-Krankheit bringt unter anderem den Hormonhaushalt durcheinander. Die Nebennierenrinde produziert viele wichtige Hormone – ist sie geschwächt, kann sie dieser Aufgabe nicht mehr einwandfrei nachgehen. Morbus Addison sorgt auf diese Weise vor allem dafür, dass das Organ zu wenig Cortisol produziert, was zu einem Cortisolmangel führen kann.
Dieser Cortisolmangel wirkt sich auch auf Bereiche im Gehirn aus, die die Ausschüttung von Hormonen kontrollieren – allen voran die Hypophyse, auch Hirnanhangdrüse genannt. Ist der Cortisolspiegel niedrig, schüttet die Hypophyse das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) aus. Das gibt der Nebenniere das Signal, wieder mehr Cortisol zu produzieren. Wenn die Nebenniere dem nicht mehr nachkommen kann und der Cortisolspiegel nicht steigt, sendet die Hypophyse immer mehr ACTH aus. Daraufhin zirkulieren auch mehr und mehr Abbauprodukte des ACTHs im Blut, die unter anderem die Haut dazu anregen, mehr von dem Farbstoff Melanin zu bilden. Das kann dann zur typischen bronzenen Verfärbung der Haut führen.
Andere Hormone, die bei Morbus Addison in der Regel in zu geringen Mengen gebildet werden, sind Aldosteron und Dehydroepiandrosteron (DHEA). Auch diese Mangelzustände können Beschwerden verursachen und müssen oft mit Medikamenten ausgeglichen werden [4].
Warum heißt die Krankheit Morbus Addison? Der englische Arzt Thomas Addison beschrieb die Erkrankung zum ersten Mal im Jahr 1855 – nach ihm ist sie benannt. „Morbus“ ist lateinisch für Krankheit, Morbus Addison bedeutet also „Addison-Krankheit“.
Senkt Morbus Addison die Lebenserwartung?
Morbus Addison ist lebensbedrohlich, gilt heute aber als gut therapierbar. Wenn Betroffene sich behandeln lassen und schnell auf Addison-Krisen reagieren, sinkt die Lebenserwartung durch Morbus Addison in der Regel nicht.
Ursachen von Morbus Addison
In rund 70 Prozent der Fälle ist Morbus Addison eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass Antikörper entstehen, die Zellen in der Nebenniere angreifen und so deren Funktion schwächen. Warum genau das passiert, ist wie bei den meisten Autoimmunerkrankungen noch unklar. Es scheint aber eine starke genetische Veranlagung zu geben, wie auch eine große Studie an Zwillingen in Schweden 2017 zeigte [5]. Wenn es also in Ihrer Familie bereits Fälle von Morbus Addison oder anderen Autoimmunerkrankungen gab, haben Sie ein erhöhtes Risiko.
Außerdem gehen Wissenschaftler*innen der Frage nach, inwiefern Infektionskrankheiten dazu beitragen, einen Morbus Addison ausbrechen zu lassen – im Moment sind die Zusammenhänge noch nicht ausreichend erforscht. In Frage kommen zum Beispiel Infektionen mit Herpes-Simplex-Viren (Genitalherpes), Epstein-Barr-Virus sowie Hepatitis B und Hepatitis C. Bei anderen, schwerwiegenden Infektionen ist bekannt, dass sie die Nebenniere beschädigen und so zu Morbus Addison führen können. Dazu gehören AIDS, Histoplasmose, Cytomegalieviren, eine Blutvergiftung mit Meningokokken und Tuberkulose. Als die Tuberkulose noch weit verbreitet war, galt sie als die häufigste Ursache für die Addison-Krankheit [6].
Weitere mögliche Ursachen sind Krankheiten wie Amyloidose und bestimmte Krebserkrankungen.
Autoimmunerkrankungen treten leider häufig nicht alleine auf – leiden Sie unter einer von Ihnen, ist das Risiko erhöht, auch andere zu entwickeln. Menschen mit Morbus Addison sind zum Beispiel auch häufig von einer Hashimoto-Thyreoiditis, also einer autoimmunen Schilddrüsenentzündung, betroffen.
Symptome von Morbus Addison
Die Addison-Krankheit kann oft lange ohne Symptome verlaufen. Beschwerden treten meistens erst auf, wenn schon weite Teile der Nebennierenrinde beschädigt sind und es zu einem Mangel an Cortisol und anderen Hormonen kommt. Mögliche Symptome sind dann unter anderem [3]:
- Bronzefärbung der Haut, manchmal auch schwarze Flecken auf Haut und Schleimhäuten
- Müdigkeit
- Schwächegefühl und niedriger Blutdruck
- Muskel- und Gelenkschmerzen
- Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit
- Appetit auf salzige Lebensmittel
- Verdauungsbeschwerden, vor allem Bauchschmerzen
Addison-Krise
Eine plötzlich auftretende, schwerwiegende Schwäche der Nebennieren wird auch als Addison-Krise bezeichnet. Sie tritt zum Beispiel auf, wenn Betroffene einen noch unbemerkten Morbus Addison haben und dementsprechend noch nicht in Behandlung sind. Eine vereinzelte Addison-Krise muss nicht unbedingt, kann aber zu einem chronischen Morbus Addison werden [7].
Auslöser der Krise können beispielsweise eine Operation oder eine schwere Krankheit sein, also Dinge, die großen Stress für den Körper bedeuten. Am häufigsten wird die Krise durch Infektionen ausgelöst [8].
Die Addison-Krise zeigt sich durch Symptome wie:
- Fieber
- Verwirrtheit
- Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Bauschmerzen
- Muskelkrämpfe und Zittern
Was tun bei einer Addison-Krise?
Wenn Sie solche oder ähnliche Symptome bei sich oder anderen bemerken, sollten Sie schnell reagieren. Die Krise kann lebensbedrohlich sein und ist ein Fall für den Notruf unter der 112. Menschen, die sich bereits in Behandlung befinden, haben in der Regel ein Notfall-Kit, mit dem sie sich selbst Glukokorticoide zuführen können, was die Krise meist abklingen lässt.
Außerdem sollten Sie als Betroffene*r immer eine Infokarte mit sich führen, auf der steht, dass Sie an Morbus Addison erkrankt sind und welche Medikamente Sie in welcher Dosis einnehmen.
Diagnose von Morbus Addison
Oft wird Morbus Addison erst erkannt, wenn Betroffene oder ihre Ärzt*innen typische Symptome bemerken, wie die Bronzefärbung der Haut. Ärzt*innen können dem dann weiter nachgehen, zum Beispiel mit einem Ultraschall der Nebenniere, Laboruntersuchungen und einem Stimulationstest.
Blutwerte bei Morbus Addison
Es gibt auch einige Blutwerte, die Ärzt*innen bestimmen lassen können – meist, um einem bestehenden Verdacht nachzugehen. Folgende Messwerte sind ein Hinweis auf Morbus Addison [3], [9]:
- Niedrige Cortisolwerte (auch im Speichel messbar)
- Niedrige Natriumwerte und erhöhte Kaliumwerte
- Hohes ACTH
- Niedriges Aldosteron
- Erhöhte Konzentration bestimmter Antikörper (21-Hydrolase-Autoantikörper) weist auf genetische Veranlagung als Ursache hin
Manchmal werden auch andere Hormone gemessen und ein sogenanntes Hypophysen-Profil erstellt, um festzustellen, ob der Fehler in der Hirnanhangdrüse liegen könnte. Hier misst das Labor unter anderem Schilddrüsenhormone, Testosteron und Estradiol [9].
Stimulationstest mit ACTH
Eine übliche Untersuchung ist ein Stimulationstest mit dem Hormon ACTH. Dabei wird Ihnen Blut entnommen und anschließend ACTH verabreicht. Nach 30 bis 60 Minuten geben Sie dann eine weitere Blutprobe ab. Ein Labor misst dann jeweils die Cortisolwerte in den beiden Proben [3].
- Wenn die Cortisolwerte in der Zeit nicht deutlich steigen, ist das ein Hinweis auf einen Morbus Addison. Es spricht dafür, dass die Nebenniere offenbar trotz der eindeutigen Signale, die sie durch das Hormon erhält, kein Cortisol mehr bildet.
- Steigt der Wert an, arbeitet die Nebenniere vermutlich noch richtig. In diesem Fall könnte das Problem in der Hypophyse liegen.
Behandlung von Morbus Addison
Morbus Addison ist unheilbar, gilt aber als gut behandelbar. Mit der richtigen Therapie können die meisten Betroffenen lange und größtenteils beschwerdefrei leben. Dabei geht es vor allem darum, den Spiegel der Nebennierenrinden-Hormone im grünen Bereich zu halten und besonders dem Cortisolmangel entgegenzuwirken, der durch die geschwächte Nebenniere entsteht.
Hormonersatztherapie
Die gängige Behandlung ist eine lebenslange Hormonersatztherapie, um den Cortisolmangel auszugleichen, der durch Morbus Addison entsteht. Dazu nehmen Betroffene Hydrocortisol ein, meist als Tabletten.
In Stresssituationen, in denen der Körper mehr Cortisol benötigt, sollte die Dosis erhöht werden, damit es nicht zu einer Addison-Krise kommt. Zu solchen Situationen gehört nicht nur psychischer Stress, sondern auch schwere Krankheiten, Infektionen und andere Zustände, die Ihren Körper unter Druck setzen.
Weitere Medikamente
In einigen Fällen produziert die Nebennierenrinde von Betroffenen auch kein Aldosteron, was zu einem Mangel an Natrium und einem Überschuss an Kalium führt. Dann verordnen Ärzt*innen ebenfalls Fludrocortisol, das die Funktionen des Aldosterons im Körper übernimmt. Je nach Ihrem genauen Zustand, Ihren Beschwerden und Ihren Laborwerten kommen auch andere Medikamente und Therapien in Frage, wie eine Ersatztherapie mit dem Hormon DHEA [8], [10].
Was ist Aldosteron? Das Hormon, das ebenfalls in der Nebennierenrinde gebildet wird, wird oft als „Salzhormon“ oder auch „Dursthormon“ bezeichnet. Es steuert den Haushalt von Wasser und Salz, also Natrium und Kalium, und beeinflusst den Blutdruck. Bei Morbus Addison ist der Aldosteron-Blutwert häufig zu niedrig [11].
Quellen
[1] A. Lewis, A. A. Thant, A. Aslam, P. P. M. Aung, und S. Azmi, „Diagnosis and management of adrenal insufficiency“, Clinical Medicine, Bd. 23, Nr. 2, S. 115–118, März 2023, doi: 10.7861/clinmed.2023-0067.
[2] C. Betterle und L. Morlin, „Autoimmune Addison’s disease“, Endocr Dev, Bd. 20, S. 161–172, 2011, doi: 10.1159/000321239.
[3] I. Bancos, S. Hahner, J. Tomlinson, und W. Arlt, „Diagnosis and management of adrenal insufficiency“, Lancet Diabetes Endocrinol, Bd. 3, Nr. 3, S. 216–226, März 2015, doi: 10.1016/S2213-8587(14)70142-1.
[4] K. I. Alexandraki, K. Sanpawithayakul, und A. Grossman, „Adrenal Insufficiency“, in Endotext, K. R. Feingold, B. Anawalt, M. R. Blackman, A. Boyce, G. Chrousos, E. Corpas, W. W. de Herder, K. Dhatariya, K. Dungan, J. Hofland, S. Kalra, G. Kaltsas, N. Kapoor, C. Koch, P. Kopp, M. Korbonits, C. S. Kovacs, W. Kuohung, B. Laferrère, M. Levy, E. A. McGee, R. McLachlan, M. New, J. Purnell, R. Sahay, A. S. Shah, F. Singer, M. A. Sperling, C. A. Stratakis, D. L. Trence, und D. P. Wilson, Hrsg., South Dartmouth (MA): MDText.com, Inc., 2000. Zugegriffen: 10. Mai 2023. [Online]. Verfügbar unter: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK279083/
[5] J. Skov, J. Höijer, P. K. E. Magnusson, J. F. Ludvigsson, O. Kämpe, und S. Bensing, „Heritability of Addison’s disease and prevalence of associated autoimmunity in a cohort of 112,100 Swedish twins“, Endocrine, Bd. 58, Nr. 3, S. 521–527, Dez. 2017, doi: 10.1007/s12020-017-1441-z.
[6] A. Hellesen und E. Bratland, „The potential role for infections in the pathogenesis of autoimmune Addison’s disease“, Clinical and Experimental Immunology, Bd. 195, Nr. 1, S. 52–63, Jan. 2019, doi: 10.1111/cei.13207.
[7] M. R. Huecker, B. S. Bhutta, und E. Dominique, „Adrenal Insufficiency“, in StatPearls, Treasure Island (FL): StatPearls Publishing, 2023. Zugegriffen: 10. Mai 2023. [Online]. Verfügbar unter: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK441832/
[8] M. Quinkler, F. Beuschlein, S. Hahner, G. Meyer, C. Schöfl, und G. K. Stalla, „Adrenal Cortical Insufficiency—a Life Threatening Illness With Multiple Etiologies“, Dtsch Arztebl Int, Bd. 110, Nr. 51–52, S. 882–888, Dez. 2013, doi: 10.3238/arztebl.2013.0882.
[9] R. A. Brandão Neto und J. F. de Carvalho, „Diagnosis and classification of Addison’s disease (autoimmune adrenalitis)“, Autoimmunity Reviews, Bd. 13, Nr. 4, S. 408–411, Apr. 2014, doi: 10.1016/j.autrev.2014.01.025.
[10] „Adrenal Insufficiency & Addison’s Disease - NIDDK“, National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases. https://www.niddk.nih.gov/health-information/endocrine-diseases/adrenal-insufficiency-addisons-disease (zugegriffen 4. Mai 2023).
[11] J. M. C. Connell und E. Davies, „The new biology of aldosterone“, Journal of Endocrinology, Bd. 186, Nr. 1, S. 1–20, Juli 2005, doi: 10.1677/joe.1.06017.