Wir erklären die Psychologie der Vorsätze, Ziele und Gewohnheiten – und geben Tipps, wie Sie Vorsätze so gestalten, dass Sie sie auch wirklich durchhalten.
Pünktlich zum Jahreswechsel wird es wieder Zeit für die üblichen Neujahrsvorsätze. Im Schnitt fallen diese Vorsätze immer recht ähnlich aus – Klassiker sind Vorsätze wie "Gesünder ernähren", "Mehr Sport treiben" und "Weniger Stress". Für 2023 war in vielen Umfragen auch "Geld sparen" oder "Sparsamer sein" ein extrem beliebter Vorsatz. Dieser Vorsatz ist immer noch in den Top 10 für 2024, aber nicht mehr ganz weit oben, zumindest in den Studien, die wir uns angesehen haben.
Das Problem mit den guten Vorsätzen: Im neuen Jahr dauert es oft nur einige Wochen, dann ist die Motivation dahin und wir fallen in alte Gewohnheiten zurück. Das Problem sind oft schon die Vorsätze selbst. Oft sind sie zu ambitioniert, zu unpräzise oder sie sind uns einfach nicht wichtig genug. Wir erklären, wie es besser geht!
Die Psychologie der guten Vorsätze
In einer Studie begleiteten Forscher Menschen, die sich Neujahrsvorsätze gemacht hatten. Nach einer Woche hielten sich noch 77 Prozent an ihre Vorsätze, nach sechs Monaten 46 Prozent und zwei Jahre später 19 Prozent [1]. Doch warum fällt es uns so schwer, unsere Vorsätze auf Dauer durchzuhalten?
Umfrage: Top 10 gute Vorsätze für 2024 |
Platz 1: Stress vermeiden oder abbauen (40,5 Prozent) |
Platz 2: Mehr Zeit für Familie und Freunde (38,6 Prozent) |
Platz 3: Mehr Sport treiben (38,5 Prozent) |
Platz 4: Gesünder ernähren (33,8 Prozent) |
Platz 5: Mehr Zeit für sich selbst (26,4 Prozent) |
Platz 6: Abnehmen (23,7 Prozent) |
Platz 7: Sparsamer sein (18,1 Prozent) |
Platz 8: Sich weiterbilden (17,5 Prozent) |
Platz 9: Beruflich weiterkommen (16,2 Prozent) |
Platz 10: Weniger Zeit in sozialen Medien / am Handy verbringen (14,2 Prozent) |
Quelle: Umfrage des ifes Institut für Empirie & Statistik der FOM Hochschule, durchgeführt vom 15.09. bis 31.10.2023 unter mehr als 57.000 Befragten, erschienen auf Statista. Mehrfachnennungen waren möglich.
Falsche Hoffnungen und die Macht der Gewohnheit
Eine Erklärung ist das „Falsche-Hoffnung-Syndrom“: Menschen haben unrealistische Vorstellungen davon, wie schnell und einfach sie ihre Gewohnheiten ändern können und welchen Effekt solche Veränderungen auf ihr Leben haben. Fünf Kilo abnehmen, denkt man dann, das geht fix, und schon bin ich gutaussehend und sportlich und habe automatisch mehr Erfolg im Job und in der Liebe.
Diese Selbstüberschätzung bringt Menschen dazu, viele Dinge auf einmal verändern zu wollen und sich unrealistische Szenarien auszumalen. Das endet selten gut – wir scheitern an den hohen Anforderungen an uns selbst, sind frustriert und werfen die Vorsätze über Bord [2].
Dazu kommt, dass uns Veränderungen mit dem Alter immer schwerer fallen. Wenn wir älter werden, werden wir Studien zufolge in der Regel verlässlicher und umgänglicher, dafür aber weniger gesellig und weniger offen für Neues. Diese fehlende Offenheit hindert viele daran, aus eingefahrenen Mustern auszubrechen [3].
7 Tipps für wirklich gute Vorsätze
Laut einer Studie haben Menschen, die sich Vorsätze machen, eine höhere Chance, etwas an ihrem Leben zu verändern. Also: Besser, Sie nehmen sich etwas vor und scheitern daran, als es gar nicht erst zu versuchen [4]! Der Knackpunkt liegt darin, die Vorsätze so zu gestalten, dass sie umsetzbar sind und in Ihren Alltag passen. Dabei helfen Ihnen unsere sieben Tipps:
Tipp 1: Gehen Sie kleine Schritte
Zu große Veränderungen überfordern uns. Versuchen Sie nicht, aus dem Stand mit einem Fitnessprogramm von dreimal die Woche 45 Minuten zu starten. Fangen Sie lieber klein an: kürzere Trainingseinheiten und nur so viele, wie in Ihren Terminplan passen. Kein komplettes abendliches Smartphone-Verbot, sondern eine handyfreie Stunde nach dem Abendessen. Nur noch dreimal die Woche Kuchen oder Schokolade, statt Süßigkeiten gleich komplett aus dem Speiseplan zu streichen.
Das fällt Ihnen nicht nur leichter – es stellen sich auch eher Erfolgserlebnisse ein, die Sie motivieren, weiter dranzubleiben!
Tipp 2: Setzen Sie sich konkrete Ziele
Manch einer nimmt sich fürs neue Jahr vor, „regelmäßig Sport zu machen“. Da genügt es doch eigentlich, einmal im Monat laufen zu gehen, oder? Sie sehen schon: Sind Ziele nicht konkret genug, taugen Sie nicht dazu, uns zu motivieren. Ein guter Vorsatz ist auch gleichzeitig ein Aktionsplan, er enthält den Weg, der zum Ziel führt: „Ich gehe zweimal die Woche abends 20 Minuten laufen.“ Oder: „Ich esse nach 18:00 Uhr keine Süßigkeiten mehr“.
Eine gute Hilfestellung fürs Zielesetzen sind die aus dem Management bekannten SMART-Kriterien. Nach dieser Formel sollen Ziele spezifisch, messbar, erreichbar (Englisch „achievable“), relevant und termingebunden sein. Wenn Sie sich also das nächste Mal Vorsätze machen, überlegen Sie, ob Ihre Ziele auch SMART sind!
Tipp 3: Knüpfen Sie an alte Gewohnheiten an
Wann haben Sie sich das letzte Mal Gedanken darüber gemacht, wie Sie am besten Ihre Zähne putzen oder sich morgens anziehen? Eben. Unser Gehirn liebt es, uns Dinge automatisch tun zu lassen. Das macht es aber auch extrem schwierig, eingefahrene Routinen loszuwerden.
Was hilft: Bauen Sie neue Gewohnheiten in alte ein. Sie sind es gewohnt, jeden Morgen zur Arbeit zu fahren? Dann ist es vielleicht gar nicht schwer, sich anzugewöhnen, statt dem Bus das Fahrrad zu nehmen oder statt dem Aufzug die Treppen. Sie kochen gerne und häufig? Dann überlegen Sie, wie Sie Ihre Lieblingsrezepte gesünder gestalten können. Und so weiter!
Tipp 4: Haben Sie Spaß an Ihren Vorsätzen
Medizin muss eklig schmecken, gesundes Essen auch, und Sport muss wehtun? Alles Quatsch! Sie müssen sich nicht quälen, um gesünder zu leben. Das führt nur zu Unmut. Gestalten Sie Ihre Vorsätze lieber so, dass Sie Spaß an Ihnen haben können. Zwei Beispiele:
Wenn Sie Joggen hassen, dann nehmen Sie sich nicht vor, zu joggen. Suchen Sie sich einen Sport, der Ihnen Spaß macht, vielleicht in einer Gruppe mit Freund*innen. Sportmuffel können auch längere Fußwege im Alltag einplanen und sich so mehr bewegen.
Sie lieben Nudeln über alles? Dann lassen Sie das mit der Low-Carb-Diät lieber. Probieren Sie stattdessen einmal Vollkornnudeln aus – die liefern Ihnen wertvolle Ballaststoffe und halten länger satt. Stellen Sie Ihre Ernährung also lieber so um, dass Sie Dinge essen können, die gesund sind und die Sie trotzdem lecker finden.
Wenn Sie noch einen extra-Anstoß brauchen: Hier finden Sie Tipps für mehr Motivation zum Sport!
Tipp 5: Wichtig muss es sein
Liegt Ihnen ein Vorsatz nicht am Herzen, werden Sie ihm auch nicht lange nachgehen. Prüfen Sie, ob die Motivation für einen Vorsatz wirklich aus Ihnen selbst heraus kommt. Wollen Sie weniger am Smartphone hängen, weil das gerade im ganzen Bekanntenkreis ein Thema ist? Langweilig! Fühlen Sie sich gestresst und sind ständig erkältet und wollen mehr Sport treiben, um gesünder zu leben? Da sollten Sie ansetzen!
Suchen Sie sich Ziele, die für Sie eine hohe Priorität haben oder hinter denen ein großer Leidensdruck steckt. Und: Konzentrieren Sie sich auf diese eine Sache, die Ihnen wichtig ist, statt sich eine Liste mit vielen kleinen Vorsätzen zu machen.
Tipp 6: Treten Sie ins Scheinwerferlicht
Wenn andere unsere Fortschritte mitbekommen, fühlen wir uns plötzlich auch ihnen gegenüber verantwortlich. Teilen Sie also den Stand Ihrer Vorsätze mit Freunden und Familie oder machen Sie ihn öffentlich. Das spornt an und erinnert Sie nebenbei immer wieder an Ihre Ziele.
In Zeiten von Internet und Social Media ist das leichter als je zuvor: Dokumentieren Sie zum Beispiel Ihre sportlichen Erfolge auf Instagram, starten Sie einen Blog, auf dem Sie über Ihr Projekt „Mehr Zeit für mich und die Familie“ schreiben oder tauschen Sie sich mit Abnehm-Mitstreiter*innen in einer WhatsApp-Gruppe aus.
Tipp 7: Scheitern ist ok!
Sie sollten sich nicht zu sehr unter Druck setzen. Es ist vollkommen in Ordnung, zwischendurch auch mal zu scheitern. Eine Studie zeigte, dass 71 Prozent der Menschen, die mit ihren Neujahrsvorsätzen auf Dauer erfolgreich waren, im ersten Monat einen Ausrutscher hatten [5]. Rechnen Sie mit Stolpersteinen – dann fällt es Ihnen leichter, dranzubleiben, wenn es Rückfälle gibt.
Und: Bleiben Sie flexibel! Wenn ein Vorsatz nicht gelingt, können Sie die Anforderungen herabsenken oder zunächst kleinere Schritte einbauen. So starten Sie dann zum Beispiel im Februar nochmal unter neuen Vorzeichen und mit neuer Motivation durch.
Quellenangaben
[1] J. C. Norcross und D. J. Vangarelli, „The resolution solution: longitudinal examination of New Year’s change attempts“, J. Subst. Abuse, Bd. 1, Nr. 2, S. 127–134, 1989 1988.
[2] J. Polivy und C. P. Herman, „If at first you don’t succeed: False hopes of self-change“, Am. Psychol., Bd. 57, Nr. 9, S. 677–689, 2002, doi: 10.1037/0003-066X.57.9.677.
[3] S. J. T. Branje, C. F. M. van Lieshout, und J. R. M. Gerris, „Big Five personality development in adolescence and adulthood“, Eur. J. Personal., Bd. 21, Nr. 1, S. 45–62, Feb. 2007, doi: 10.1002/per.596.
[4] J. C. Norcross, M. S. Mrykalo, und M. D. Blagys, „Auld lang syne: success predictors, change processes, and self-reported outcomes of New Year’s resolvers and nonresolvers“, J. Clin. Psychol., Bd. 58, Nr. 4, S. 397–405, Apr. 2002.
[5] „How to Keep Your New Year’s Resolutions“, Psychology Today. https://www.psychologytoday.com/blog/evidence-based-living/201712/how-keep-your-new-years-resolutions (zugegriffen Nov. 08, 2018).